Hochschule Reutlingen
26.01.2023

Aus Theorie wird Praxis

Studierende des MSc Operations Management präsentieren ihre Semesterprojekte vor Unternehmenspartnern

Wie sieht ein gutes Qualitätshandbuch aus?  Wie ist das ideale Fabriklayout für die Batterieproduktion? Wie schädlich ist Methan aus städtischen Kläranlagen? Auch im Wintersemester 2022/23 waren die Semesterprojekte des MSc Operations Management wieder so interessant wie vielfältig. In schlagkräftigen Projektteams und in enger Kooperation mit ihren Auftraggebern erarbeiteten die Studierenden Konzepte, Modelle und Lösungen für aktuelle Fragestellungen. Dabei setzten sie handlungsorientiert Theorien aus dem Studium in praktische Anwendungen um. Im Rahmen der Projektpräsentation stellten alle Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse vor den Partnerunternehmen sowie den betreuenden Professorinnen und Professoren und ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen vor.

Um sich in einem schnelllebigen und globalen Markt nachhaltig wettbewerbsfähig aufzustellen, bedarf es innovativer Ansätze, Produkte sichtbar zu machen. Vorreiter wie Apple oder Microsoft stehen mit ihren Marketingstrategien und der Präsentation ihrer Produkte für eine neue Denkweise. Wie aber kann ein klein- oder mittelständisches Unternehmen (KMU) mit solchen Strategien mithalten und sich sowie seine Produkte am Markt erfolgreich platzieren? Genau dieser Frage haben sich die acht Studierenden des Projektteams angenommen. In Kooperation mit der bbg bitbase group GmbH wurde ein innovatives Markteinführungskonzept für die neue Datenschutzsoftware kameon PLC unter Zuhilfenahme des Design-Thinking-Ansatzes aufgebaut. Durch die in der Umsetzungsstrategie enthaltenen Maßnahmen sollen die nötige Kundenbasis für ein erfolgreiches Software-Rollout sowie die Voraussetzungen für eine im weiteren Verlauf organische Kundengewinnung und langfristige Kundenbindung geschaffen werden.

Das siebenköpfige Team kooperierte im Rahmen des Projekts mit der Cellforce Group GmbH. Das Joint Venture der Porsche AG sowie des Batteriespezialisten CUSTOMCELLS entwickelt und produziert ab 2024 im interkommunalen Industriegebiet Mahden in Reutlingen-Nord/Kirchentellinsfurt Hochleistungs-Lithium-Ionen-Pouch-Zellen für automobile Spezialanwendungen. Die Studierenden erstellten ein digitales Modell, das den zukünftigen Materialfluss der Batteriezellen-Fertigung möglichst realitätsgetreu abbildet. Es identifiziert vor dem realen Produktionsstart Optimierungspotenziale und liefert fundierte Prognosen über den zu erwartenden Output der Produktion. Im Anschluss daran wurden definierte Testszenarien simuliert, um etwaige Engpässe oder kritische Prozesse in der Produktion frühzeitig zu erkennen. Aus den erzielten Simulationsergebnissen können nun Handlungsempfehlungen zur Optimierung des Fabriklayouts abgeleitet werden, bevor dieses physisch aufgebaut wird.

Die Arbeitswelt ist im ständigen Wandel, geprägt von technischem Fortschritt und zunehmender Globalisierung. Der wachsende Wettbewerbs- und Kostendruck erhöht zunehmend die Bedeutung technischer Innovationen. Wie hängen Arbeitswissenschaften und Technologie- und Innovationsmanagement zusammen? Dieser Frage nahm sich ein achtköpfiges Projektteam an und analysierte zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO Publikationen in den beiden Bereichen. Mithilfe einer bibliometrischen Analyse wurden die Schnittstellen zwischen Arbeitswissenschaften und Technologie-/Innovationsmanagement identifiziert und hinsichtlich ihrer zeitlichen Entwicklung bewertet. Eine qualitative Analyse gab Aufschluss über den Einfluss einzelner Themenbereiche auf diese Schnittstellen. So lieferte die Projektarbeit nicht nur einen Überblick über aktuelle Publikationsthemen und Entwicklungen. Sie bildet auch eine Grundlage für die weitere Ausrichtung der Forschung in den Bereichen Arbeitswissenschaften sowie Technologie- und Innovationsmanagement.

Im Rahmen des Projekts untersuchten sieben Studierende im Auftrag der Kärcher Municipal GmbH, ob die Einführung des OTX-Standards den Inbetriebnahmeprozess der Kehrmaschinenreihe S100 optimiert. Der OTX-Standard (Open Test Sequence Exchange) ist ein einheitlicher, effizienter und prozesssicherer Standard für Testverfahren. Dadurch können Diagnoseabläufe in verschiedenen Zielumgebungen barrierefrei ausgeführt werden. Um den Vorgang näher zu beleuchten, wurde zunächst eine Prozessanalyse der Fahrzeug-Inbetriebnahme im Werk in Kirchentellinsfurt durchgeführt. Weiterhin hat sich das Projektteam umfassend in die Theorie des OTX-Standards zur Erstellung eines anwendungsbezogenen Prototyps eingearbeitet. In der abschließenden Machbarkeitsstudie wurden sowohl die technische, organisatorische und ressourcenbezogene, als auch die wirtschaftliche Machbarkeit betrachtet und bewertet. Die Projektpartner von Kärcher Municipal bewerten die Zusammenarbeit mit folgenden Worten: „Die Studierenden der ESB Business School waren stets sehr engagiert und haben sich zielgerichtet und strukturiert in die Aufgabenstellung eingearbeitet. Es konnte somit viel wertvoller Input generiert werden, der für die weiteren Projektphasen sehr nützlich ist.“

Aktuelle Entwicklungen wie die Urbanisierung, das Wachstum der Bevölkerung sowie steigende Güterverkehrsaufkommen stellen Städte vor große Herausforderungen. Daraus resultieren Verkehrsstaus sowie umwelt- und gesundheitsgefährdende Emissionen in Form von Lärm, Feinstaub und Kohlenstoffdioxid. Um der Partnerstadt erste Verbesserungsansätze vorstellen zu können, wurde ein digitaler Zwilling zur Visualisierung von Quelle-Senke-Verhältnissen – dahinter verbirgt sich der Transport von Bestellungen vom Distributionszentrum zum Kunden – in der Citylogistik entwickelt. Die Grundlage für die softwaregestützte Abbildung verschiedener Citylogistikkonzepte bildeten die Projektergebnisse des Vorgängerprojektes „Konzipierung einer Citylogistik“ aus dem vergangenen Semester. Diese wurden analysiert und auf ein neu abgestecktes Betrachtungsgebiet in der Innenstadt angepasst. Neben der Erstellung des digitalen Zwillings sind die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen ein weiterer zentraler Bestandteil des Projektes. Bewertet wurden hierbei der Nutzen und weitere Umgang mit dem digitalen Zwilling für die Partnerstadt aus Ostwestfalen-Lippe.

Als Eigenbetrieb der Stadt Reutlingen ist die Stadtentwässerung für den Betrieb des öffentlichen Kanalnetzes und der Klärwerke zuständig. Unter der städtischen Zielvorgabe der Klimaneutralität bis 2040 erarbeitete das siebenköpfige Projektteam den aktuellen Stand der Forschung zum Thema Lachgas- und Methanbildung an Kläranlagen sowie deren Messung und Bedeutung für den Treibhauseffekt anhand von Literatur und internationalen Referenzprojekten.

So ergaben beispielsweise Untersuchen an Klärwerken in Österreich, der Schweiz und Dänemark, dass über Klärbecken sowohl Lachgas, als auch Methan freigesetzt werden. Beide Stoffe tragen erheblich stärker zum Treibhauseffekt bei als CO².

In Kooperation mit Studierenden der Fakultät für Angewandte Chemie wurden auch Proben im Reutlinger Klärwerk genommen und ausgewertet. Basierend auf den Ergebnissen wurden Handlungsempfehlungen hergeleitet und ausformuliert, die auf die Minimierung von Emissionen zur Minderung von Treibhausgasen und eine mögliche energetische Nutzung zur Unterstützung der Energieversorgung des Klärwerks abzielen.

Das Projektteam überarbeitete in Zusammenarbeit mit der Theben AG das unternehmenseigene Qualitätsmanagementhandbuch. Der Weltmarktführer im Bereich Zeitschalttechnik nutzt dieses als Grundlage für ein prozessorientiertes Qualitätsmanagementsystem, das das Unternehmen bei der Erfüllung der Kundenanforderungen in Bereichen wie Smart Home, Zeitschaltuhren oder Präsenz- und Bewegungsmelder unterstützt.

Ziel des Projekts war die Erfassung, Dokumentation und Vereinigung relevanter Prozesse mithilfe des Modellierungsstandards BPMN 2.0 unter Verwendung der Software BIC Process Design. Auf dieser Grundlage wurde anschließend ein Framework zur dauerhaften Integration eines Process Lifecycle Management entwickelt. „Die Basis unseres Erfolgs bildet die Kompetenz unserer Mitarbeitenden und die daraus resultierende Innovation und Qualität der Produkte. Daher freuen wir uns sehr über die Zusammenarbeit mit der ESB Business School“, so ein Vertreter der Theben AG.

Die sieben Studierenden des Projektteams generierten in Kooperation mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Werk150 Ideen für ein intelligentes Produkt zur Darstellung der Technologie- und Materialkreisläufe der Circular Economy („Kreislaufwirtschaft“). Dazu entwickelten und produzierten sie erste Prototypen.

Strategisches Ziel dabei war die Weiterentwicklung des Werk150 als Forschung- und Ausbildungsumgebung für nachhaltige Produktions- und Logistiksysteme. Das entwickelte Produkt soll künftig an die Studierenden der Hochschule Reutlingen ausgegeben werden. Es ist mit Sensoren ausgestattet, die es dem Werk150 ermöglichen, Nutzerdaten zu generieren, mit deren Hilfe ein Befundungs- und Servicekonzept ermöglicht wird. Über ein Dashboard werden auch den Nutzerinnen und Nutzern Sensordaten zur Verfügung gestellt. Die Prinzipien der Circular Economy standen von der Materialauswahl bis zu den Produktionskonzepten stets im Zentrum aller Entscheidungen.