Hochschule Reutlingen
14.11.2022

„Betriebswirtschaftler sind Generalisten“

ESB-Alumnus Christoph Schell, CCO von Intel, über Herausforderungen für die Chipindustrie und seinen Weg ins Top-Management

Von Sofia Schwartz, Louis Vaillant und Katrin Reil

 

27 Jahre liegt Christoph Schells Abschluss im deutsch-französischen Link des heutigen BSc International Management Double Degree zurück. Seine Reutlinger Wurzeln hat der Chief Commercial Officer des Chipherstellers Intel dennoch nie vergessen. Regelmäßig kehrt er für Gastvorträge und den Austausch mit Studierenden an die ESB Business School zurück. Zum ersten Mal nach der Pandemie war dies vergangene Woche auch wieder persönlich möglich.

Zu Beginn seines Besuchs hatte Christoph Schell viel Input für die Studierenden im Gepäck. So sprach er über die aktuellen Herausforderungen international agierender Unternehmen in unsicheren Zeiten im Allgemeinen und für die Chipindustrie im Besonderen. Chips, so Schell, seien einer der wichtigsten Rohstoffe für die Digitalisierung und der Bedarf daran werde künftig weiter zunehmen. Gleichzeitig müsse man sich in diesem Bereich neu aufstellen und den Zugang zu Produktion direkt in Europa schaffen. Intel geht dieses Thema derzeit mit dem Aufbau einer Fabrik in der Region Magdeburg an. Die Abhängigkeit von China zu reduzieren und in einer „essenziellen Industrie“ mitzuarbeiten, nannte Christoph Schell auch als seine persönlichen Motivatoren für den beruflichen Wechsel von HP zu Intel, den er Anfang des Jahres vollzogen hatte.

Neben fachlichen Details sprach der CCO über seine Werte bei der Unternehmensführung. Man müsse bereit sein, sich langlebig und für Ziele mit großem Impact zu engagieren und dabei Resilienz in Krisenzeiten zu zeigen. Das Verhalten mancher „Millenial Companies“ oder prominenter Digitalunternehmer sei für ihn nicht nachvollziehbar. „Als guter Manager hat man zwei Ohren und einen Mund und sollte beides in genau diesem Verhältnis benutzen“, sprach sich Schell für mehr Zuhören statt Austeilen aus. Dies gelte in der Kommunikation mit Kunden ebenso, wie beim Umgang mit Krisen oder der Suche nach den besten Talenten.

Die Suche nach qualifiziertem Nachwuchs sah Schell als Schlüsselaufgabe für die Zukunft an: „Manchmal muss man akzeptieren, dass man selbst nicht der Schlauste im Raum ist.“ Er sei beispielsweise kein ausgebildeter Ingenieur. Seine Hauptaufgabe bestehe darin, Informationen über ein komplexes Produkt so für Kunden zu verpacken, dass sie Resonanz finden. „Betriebswirtschaftler sind Generalisten, keine Experten. Mit denen müssen wir uns umgeben“, empfahl er.

Auf die vielen Fragen der Studierenden gab Christoph Schell ausführliche Antworten, in denen er die Zuhörerinnen und Zuhörer immer wieder einbezog. Gleichzeitig reicherte der Top-Manager seinen Vortrag mit Anekdoten an. Seine Frau, die er an der ESB kennengelernt habe, habe er beispielsweise nur heiraten müssen, damit der gemeinsame Umzug nach Dubai möglich gewesen sei. Viele Jahre Ehe und zwei Kinder später, hat sich die Entscheidung bewährt.

Anpassung an neue Länder, neue Kulturen und Gegebenheiten gab Christoph Schell den Studierenden als Haupttipp für eine erfolgreiche internationale Karriere mit auf den Weg: „Ich bin nicht derselbe Christoph, wenn ich in den USA, Europa oder Asien unterwegs bin. Man muss sich seinem Umfeld anpassen können. Bei mir war nichts von Anfang an geplant, alles ist mit der Zeit gekommen. Ich wollte mein Leben nicht in Kirchheim unter Teck verbringen, sondern war neugierig auf die Welt. Ich danke meiner Frau und meiner Familie dafür, dass ich das verwirklichen konnte.“

Die Studierenden wiederum dankten Christoph Schell nach rund zwei Stunden für einen beeindruckenden Austausch mit vielen neuen Informationen und Inspirationen für ihren eigenen Weg. See you soon at ESB, dear Christoph!